Erlebnisse mit Kryptowährungen

In den letzten Jahren habe ich zwischendurch darüber nachgedacht, wie viel Geld ich für das Alter sparen soll. Als selbständiger Unternehmer hat man nicht zwingend eine Pensionskasse. In meinem Fall habe ich zwar eine, jedoch landen dort nur kleine Beträge aus meiner 20%-Anstellung an der Berufsschule. Das alleine würde im Alter knapp werden. Also achte ich darauf, regelmässig in die dritte Säule einzuzahlen. Da ich für unternehmerische Abenteuer immer wieder etwas Kapital brauche, lasse ich auch etwas Geld auf dem Bankkonto.

Die dritte Säule ist auch bei einer Bank. So sammelt sich viel von meinem Alterskapital auf Bankkonten. Das ist ok solange die Banken am Leben bleiben und solange es keine grössere Inflation gibt.

Das Wirtschaftsexperiment mit der Welt

Nun haben wir eine spezielle Wirtschaftslage. Ich nenne es ein “Wirtschaftsexperiment mit der ganzen Welt”. Viele Nationalbanken haben schon seit Jahren sehr tiefe Zinsen. Das heisst, dass es sehr günstig ist, Kredite aufzunehmen. So gelangt ganz viel Geld in den Umlauf. Während der Corona-Krise wurde das noch zusätzlich verstärkt. Wenn in einem Land gleich viele Güter oder Dienstleistungen angeboten werden, aber die Leute viel mehr Geld haben, um die Güter zu kaufen, so könnten irgendwann die Preise steigen. Dies wäre dann eben die Inflation.

Ein bisschen Inflation macht nichts oder ist sogar erwünscht. Aber wenn es zu viel wird, so wird es gefährlich. Bei extremer Inflation spricht man von Hyperinflation. Das gibt es selten, aber doch immer mal wieder. Bei einer hohen Inflation kann man sich irgendwann vom Geld auf dem Bankkonto nur noch ganz wenig Güter kaufen.

Das Wirtschaftssystem ist ein komplexes Gebilde, bei dem niemand voraussehen kann, was genau passieren wird. Also kann man auch nicht sagen, dass es eine hohe Inflation geben wird. Aber es ist schon eine eher riskante Phase, wenn wir als Gesellschaft über Jahrzehnte ganz viel Geld ausgeben und viel Schulden machen. Da es noch nie eine solche Phase in einer global vernetzten Welt gegeben hat, ist es ein Experiment. Niemand weiss, was passiert, auch wenn etliche sehr überzeugt irgendwelche Zukunftsmodelle aufstellen. Letztes Jahr hatte ich deswegen einen kurzen Wortwechsel auf Twitter mit dem UBS Chefökonom. Es nervt mich, wenn mit mathematischer Genauigkeit suggeriert wird, dass man stabile Prognosen machen könnte für etwas, das so komplex ist. Und dann erst noch in einer ziemlich wilden Pandemie-Zeit.

Sind wir mal gespannt, was die nächsten Jahre bringen werden. Vielleicht haben wir ja Glück mit dem weltweiten Wirtschaftsexperiment. Ich tippe darauf, dass es in 2-3 Jahren richtig unangenehm werden könnte mit all den Schulden, die wir uns aufgeladen haben. Doch auch diese Prognose wird hoffentlich falsch sein.

Kryptowährungen als Inflationsschutz

Ich bin nicht der ängstliche Typ. Aber damit nicht zu viel Geld nur bei Banken rumliegt, habe ich mir überlegt, in Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. zu investieren. Das Ziel von Kryptowährungen ist, ein Geldsystem aufzubauen, das ohne Staaten und Banken funktioniert.

Wenn es nun zum Beispiel beim Schweizerfranken eine Inflation geben würde, so wäre mein Geld auf dem Bankkonto betroffen, die Kryptowährungen jedoch nicht oder nicht direkt. Kryptowährungen sind auch umstritten und haben ihre eigenen Probleme. Es ist auch fraglich, was passiert, wenn viele Leute auf Kryptowährungen umsteigen. Dann würden die Nationalbanken ihre Macht verlieren und wahrscheinlich würden Kryptowährungen durch Regierungen zunehmend verboten (wie bereits geschieht in Indien und China).

Mein Einstieg

Kryptowährungen zu kaufen ist nicht einfach. Vor allem muss man aufpassen, dass man eine sichere Variante findet, damit man nicht digital beraubt wird.

Ich war neugierig und wollte lernen, wie das geht. Also habe ich einiges im Internet gelesen und mich auf YouTube schlau gemacht. Ich habe mich für ein Hardware Wallet entschieden. Das ist eine Art USB-Stick, auf dem die Zugangsschlüssel zu meinem persönlichen Krypto-Konto gespeichert werden. Da es damit auf einem Gerät ist, das vom Internet getrennt ist, gilt es als besonders sicher.

Im März 2021 habe ich meine ersten Kryptowährungen gekauft. Ich dachte, ich investiere grad in ein paar verschiedene: Bitcoin, Ethereum, Bitcoin Cash, Litecoin und Stellar. Eine faszinierende Welt, die sich mir da eröffnet hat.

Auf und Ab

Zuerst ging es steil aufwärts. Ich hatte total CHF 10'000 in Kryptowährungen investiert. Nach sechs Wochen waren meine Währungen bereits auf einen Wert von CHF 20'000 gestiegen. Die Werte verändern sich täglich oder sogar jede Minute (siehe z.B. auf CoinMarketCap). Dies entwickelt eine Saugwirkung. Man fühlt sich gezwungen, immer wieder nachzuschauen. Plötzlich war ich mit Fragen konfrontiert, ob ich nicht verkaufen oder mein Krypto-Portfolio umschichten sollte. Doch eigentlich wollte ich ursprünglich nur das Geld etwas verteilen, damit nicht alles bei Banken ist. Ich wollte nicht in einen aktiven Handel und Spekulation mit Kryptowährungen einsteigen.

Zwei Wochen und ein paar Tweets von Elon Musk später sind die Krypto-Kurse wieder eingebrochen. Ich war zurück auf rund CHF 10'000.

Mein Ausstieg

Ich habe in diesen zwei Monaten vor allem auch etwas über mich selbst gelernt: Geld in einer solch volatilen Form kann eine hohe Anziehung ausüben.

Das Geld ruft ständig: Kümmere dich um mich!

Ich will nicht so viel Zeit mit Gedanken an Geld verbringen. Das ist ungesund. Und auch ein hoher Gewinn aus Kryptowährungen finde ich nicht gut. Es ist dann einfach eine Art Zauber, wenn aus Geld mehr Geld entsteht, ohne dass jemand dafür gearbeitet hätte. Auch das scheint mir ungesund.

Also bin ich wieder ausgestiegen.

Fazit

Ich habe CHF 10'000 investiert und nach Abzug von Spesen ca. CHF 9'000 wieder zurückerhalten. Das war eine spannende Erfahrung mit der Krypto-Welt. Eine Art Weiterbildung. Und es war spannend zu beobachten, wie ich selbst darauf reagiere.

Ich kann mir nach wie vor vorstellen, Dinge mit Kryptowährungen zu kaufen. Als Zahlungsmittel scheint es mir sinnvoll. Ich möchte es aber nicht mehr als Anlageobjekt und auch nicht, um damit auf Gewinne zu spekulieren.

Grundsätzlich möchte ich Geld dort einsetzen, wo ich verstehen kann, was damit geschieht. Also wohl doch besser weitere Unternehmen starten oder in Unternehmen von Leuten in meinem Umfeld investieren.