Habe ich für 4 Stunden die Schule lahm gelegt? 😱

Heute war ich an meiner Schule zum Korrigieren von Abschlussprüfungen. Um ca. 11 Uhr ist plötzlich in der ganzen Schule das Netzwerk ausgestiegen. Nichts ging mehr. Ohne Netzwerk kann niemand mehr auf seine Daten zugreifen und wer nicht schon angemeldet ist, kann nicht einmal mehr den PC starten.

Mehr oder weniger nervöse Lehrpersonen versammeln sich vor dem Zimmer der IT und erkundigen sich über die aktuelle Lage: Dort steht “Alle Systeme auf ROT”. Und der Verantwortliche macht wenig Hoffnung. Er sagt, dass es eine gröbere Geschichte ist. Die verantwortliche Firma sei informiert. Man könne sich aber auf einen längeren Unterbruch einstellen.

Das heisst für einige eine verfrühte Mittagspause und für andere den vorzeitigen Abbruch von Prüfungen. Heikel wird es für die am Nachmittag geplanten Abschlussprüfungen in Informatik.

Nach zwei Stunden

Auch nach dem Mittag sieht es nicht besser aus. Alle Mitarbeiter der Verwaltung, Direktion und alle Geschäftsstellen können kaum arbeiten. Nur noch das Telefon geht.

Die Verantwortlichen für die Abschlussprüfungen haben eine Offline-Lösung mit USB-Sticks gefunden. Die Prüfung kann also stattfinden. Bestimmte Lektionen machen kein Sinn mehr und fallen aus. Lehrpersonen treffen sich und haben mal wieder Zeit, um ausgiebig miteinander zu reden.

Nach vier Stunden

Ich sehe die Schulleitung und betone, dass man da nun wirklich eine detaillierte Analyse machen soll, um dem Problem auf den Grund zu gehen. Und plötzlich funktioniert es wieder.

Ein paar Minuten später kommt der Verantwortliche auf mich zu und sagt, sie hätten schon was in den Protokollen gefunden. Er fragt mich, ob ich heute Vormittag mit einer grösseren Datei hantiert hätte. Ich sage: Ja, da war was mit einer grossen Zip-Datei, aber es hätte nicht funktioniert. Er findet, ich würde diese Botschaft schon vertragen und teilt mir mit: “Deine Datei war die Ursache, welche das ganze System lahmgelegt hat!”

Ich?

Ich weiss gar nicht, wie ich reagieren soll, ob 😳 oder 🤯 oder 😭. Wie peinlich, dass ich ausgerechnet noch vorher sagte, wie wichtig es wäre, die Ursache zu finden. Oder muss es mir gar nicht peinlich sein? Weil eigentlich sollte das ja auch nicht zu einem Problem führen und wenn, sicher nicht grad für einen Totalausfall sorgen.

Fehler?

Der Fehler muss also anderswo sein 🙄… Oder wie soll man mit so was umgehen? Sollen wir überhaupt von Fehler sprechen oder gar von Schuldigen? Und sowieso: wollten wir nicht eine positive #Fehlerkultur? Wie geht das überhaupt? Transparenz und über Fehler sprechen hilft bestimmt. Deshalb schreibe ich auch diesen Blogeintrag.

Ich sehe in solchen Vorfällen auf jeden Fall auch eine Chance - eine Chance zu lernen und durch gezielte Verbesserungen das Gesamtsystem robuster zu machen. Mir gefällt das Wort “Antifragilität”, welches von Nassim Nicholas Taleb wie folgt beschrieben wird:

Antifragilität ist mehr als Resilienz oder Robustheit. Das Resiliente, das Widerstandsfähige widersteht Schocks und bleibt sich gleich; das Antifragile wird besser […] Das Antifragile steht Zufälligkeit und Ungewissheit positiv gegenüber, und das beinhaltet auch – was entscheidend ist – die Vorliebe für eine bestimmte Art von Irrtümern. Antifragilität hat die einzigartige Eigenschaft, uns in die Lage zu versetzen, mit dem Unbekannten umzugehen, etwas anzupacken – und zwar erfolgreich –, ohne es zu verstehen.
Nassim Nicholas Taleb im Buch “Antifragilität”

(Wow, dieses Buch möchte ich grad lesen, wenn der Stapel von ungelesenen Büchern neben mir nicht schon fast ein halber Meter hoch wäre…).

In gewisser Weise haben wir heute schon gezeigt, dass unsere Schule Aspekte der Antifragilität aufweist: Die Reaktionen der Lehrpersonen, der Verwaltung und der Schulleitung waren tatsächlich heute sehr entspannt und man hat sich gegenseitig unterstützt. Ich vermute, dass wir wegen der recht instabilen IT-Umgebung im letzten Schuljahr schon trainiert sind, jederzeit Alternativen parat zu haben. Und auch diesen Vorfall werden wir nicht nur dafür nutzen, um die IT-Lücke zu schliessen, sondern auch, um Prozesse und Abschlussprüfungen so zu gestalten, dass ein nächstes, unvorhergesehenes Ereignis kaum Schaden anrichten kann.

Und wer weiss, vielleicht entwickelt sich sogar unsere #Fehlerkultur weiter, bis wir wie Taleb von einer “Vorliebe für eine bestimmte Art von Irrtümern” sprechen können. Das wäre doch eine tolle Auszeichnung für eine Schule.