Schüler bauen (ganz kurz) an ihrer Schule mit

Im Dorf Rüeggisberg dürfen die Schüler*innen an ihrem Schulhaus mitbauen. Die Idee dazu kam von einem Sanitärmeister. Eine tolle Sache, dass ein Unternehmer und die Schulleitung dies möglich machen.

Doch beim Lesen des Artikels in der Gantrisch Zeitung (siehe unten) lässt mich eine Frage nicht los:

Warum ist es so ungewöhnlich, dass Kinder in der Nähe von arbeitenden Erwachsenen sind?

Getrennte Welten

Kinder werden von der Arbeitswelt getrennt. Sie sind ja schliesslich in der Lernphase und gelernt wird in der Schule. Der Ernst des Lebens kommt später. Es ist in unserer Gesellschaft nicht vorgesehen, dass Kinder bei der Arbeit der Erwachsenen dabei sind und so von ihnen lernen. Egal wie stark sie mithelfen möchten, man lässt sie nicht oder packt sie voll mit Schul- und anderem Pflichtprogramm, bis sie keine Zeit und Energie mehr haben. In der Gesellschaft der Erwachsenen ist für Kinder kaum Gestaltungsraum vorgesehen.

Manchmal gibt es kleine Hoffnungsschimmer, wie die Geschichte aus Rüeggisberg.

Wie es sein könnte

Es wollten so viele mithelfen, dass “in manchen Klassen die Plätze verlost werden mussten”. Und dann war der Spuk nach 1.5 Stunden vorbei und es ging zurück ins Schulzimmer. Ein sehr kurzes Schnuppern, wie lernen auch sein könnte. Können wir das wirklich nicht besser?

Was wäre, wenn Kinder arbeiten und die Gesellschaft mitgestalten dürften? Was wäre, wenn wir vorschreiben würden, dass Kinder maximal 2 Stunden pro Tag von Lehrpersonen beschult werden dürften?

Vom Bauernhof lernen

Es ist noch nicht so lange her, etwas mehr als 100 Jahre, da waren die Kinder viel näher bei den Erwachsenen und haben durch Beobachten und Nachmachen gelernt. Dann haben wir die Kinder aus der Arbeitswelt entfernt und in die Schulzimmer gesteckt. Aus gutem Grund. Niemand will zurück in diese Zeit. Aber das Pendel schlug weit in die andere Richtung aus, so dass die Kinder heute kaum mehr eine Ahnung davon haben, was ihre Eltern arbeiten, geschweige denn sich selbst als arbeitende und gestaltende Menschen erleben.

Einer der ganz wenigen Orte, wo man noch merkt, zu was Kinder fähig sind, wenn sie Erwachsene beobachten und nachmachen dürfen, ist der Bauernhof.

Ein Beispiel ist der Bauernsohn Jonah. Im folgenden Videoausschnitt (ab Minute 9:10) führt er seinen Vater durch eine eigene Werkstatt, die er selbst gebaut hat. Er ist zu dieser Zeit 11-jährig.

Hier ein paar Screenshots aus dem Video:

Jonah (11) zeigt seinem Vater seine neu gebaute Werkstatt.
Jonah (11) zeigt seinem Vater seine neu gebaute Werkstatt.
Auch ein Schrank für die Werkzeuge hat er gezimmert.
Auch ein Schrank für die Werkzeuge hat er gezimmert.
Sauber eingerichtet mit Aufhängevorrichtung und Ablage.
Sauber eingerichtet mit Aufhängevorrichtung und Ablage.
Und hier ein Kran, den Jonah selbständig konstruiert hat.
Und hier ein Kran, den Jonah selbständig konstruiert hat.

Lasst es uns versuchen

Lernen durch Beobachtung und Nachahmung (soziales Lernen) ist etwas, das Menschen von sich aus tun, sobald sie zur Welt gekommen sind. Das ist wohl auch der Grund, warum die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte vor allem so gelernt wurde. Erst kürzlich haben wir uns davon verabschiedet. Nun gilt es, aus der Vergangenheit zu lernen, aber eine Form zu finden, die zur heutigen Zeit passt.

Im Colearning Bern suchen wir nach Wegen, wie das in einer digital transformierten Welt geschehen kann. Das ist nicht einfach, weil wir als Erwachsene neu denken müssen. Wir stecken noch am Anfang, aber merken, dass die Zeit reif ist für einen nächsten Schritt in der Art, wie Kinder und Erwachsene lernen.

Wer hilft mit? Wer kennt andere Beispiele, wo dies schon geschieht?


Quellen