Ich lerne noch

Letzte Woche war ich in einer Bäckerei. Die Bedienung war freundlich. Aber als ich ihr Namensschild sah, war ich völlig irritiert. Auf dem Namensschild stand:

“Ich lerne noch”

Soll das eine vorsorgliche Entschuldigung sein, falls die Bedienung einen Fehler macht? Und heisst das dann, alle anderen im Betrieb lernen nicht mehr?

Die Vorstellung von Lernen und vom Leben, die dabei mitschwingt, finde ich einfach nur schrecklich. Das Leben wird aufgeteilt in eine Zeit, in der man lernt und eine Zeit danach. In beiden Lebensphasen ist nicht viel Schönes zu erwarten und auch die Rettung in eine dritte Phase verspricht nichts Gutes.

Phase 1: Die Lernzeit

In der ersten Lebensphase wird gelernt. Man hat keine Wahl, das ist einfach so, weil es so ist. Lernen kann auch Spass machen, wenn man Glück hat. Aber eigentlich muss man einfach durch. Dafür darf man Fehler machen. Doch eigentlich auch nicht wirklich. Denn Fehler geben schlechte Noten und schlechte Noten geben ein schlechtes Leben. Wenn man zu dumm ist, die langfristigen Auswirkungen zu verstehen, gibt’s eins auf die Finger. Aber man kann froh sein über diese schöne Zeit, weil der Ernst des Lebens kommt ja erst noch.

Phase 2: Der Ernst

Man hält jetzt ein Diplom in der Hand, das attestiert, dass man ganz viel gelernt hat. Ausgelernt, sagt man auch. Und man ist froh, dass das mit dem Lernen endlich vorbei ist. Man ist bereit für die grosse Freiheit. Die Freiheit kommt tatsächlich. Aber was man nicht ahnen konnte:

Freiheit ohne Lernen und ohne Erlaubnis, Fehler zu machen, ist keine Freiheit.

Und plötzlich versteht man, warum die Erwachsenen “Freiheit” und “Ernst des Lebens” als Synonym verwenden. Da muss es doch noch was Anderes geben, denkt man, und setzt die Hoffnung auf die letzte Lebensphase.

Phase 3: Der Todernst

Irgendwie hat man es geahnt. Auch in der letzten Phase ist das ersehnte Leben nicht zu finden. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen. Und irgendwann hat man dann definitiv ausgelernt.

Hast du schon mal versucht, nicht zu lernen? Zu Risiken und Nebenwirkungen frage deinen Arzt oder Hirnforscher.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass Leben und Lernen fast die gleichen Wörter sind.

Eine andere Geschichte ist möglich

Es gibt eine Lösung und die ist gar nicht so schwierig. Wir müssen nur anfangen Frieden zu schliessen mit dem Lernen. Und wir sollten anderen in unserem Umfeld den Raum weit öffnen für ein Lernen ohne Angst vor Fehlern.

Ja, ich lerne. Und ja, ich lebe. Erst recht.
Ja, ich lerne. Und ja, ich lebe. Erst recht.

Ich habe mir grad ein T-Shirt bestellt mit der Aufschrift “Ich lerne noch!”. Ja, ich stehe dazu, dass ich lerne und dass ich dabei ganz viele Fehler mache. Lernen ist wunderschön und macht mir riesig Spass. Es ist aber nicht so, wie das die meisten aus der Schule kennen.

Das Lernen gehört nicht der Schule. Es gehört uns. Und es gehört ins Leben.

PS: Am liebsten würde ich eine Kollektion von T-Shirts produzieren lassen. Wer hat Lust, ein schönes Design zu machen und die positive Botschaft über das Lernen unter die Leute zu bringen? Melde dich.

PPS: Wer gerne die Entdeckungen im Leben und Lernen festhalten möchte, wie ich es hier tue, dem empfehle ich einen Lilo.Blog zu führen. Für Unterstützung kannst du dich gerne bei mir melden.


T-Shirt stammt aus diesem Shop. Das Namensschild stammt von hier (besser dort ein anderes kaufen als das).