Einfache Gesellschaft als Rechtsform für flexible Zusammenarbeit

Vor über fünf Jahren haben wir uns beim Aufbau des Effinger Coworking Spaces die Frage gestellt, wie wir die Flexibilität der Selbständigkeit kombinieren können mit den Vorteilen von gemeinsamen Unternehmen. Für diese flexiblen Formen der Zusammenarbeit nutzen wir den Begriff “Gemeinsamständigkeit”.

Damit Zusammenarbeit entsteht, braucht es zuerst Begegnungen und überhaupt ein Interesse, gemeinsam aktiv zu werden. Das entsteht auch in einem Coworking Space nicht von alleine. Wir nehmen uns bewusst Zeit für gemeinsame Kaffeepausen, Mittagessen und andere Aktivitäten. Wir interessieren uns für die Projekte der anderen und unterstützen uns in unseren Vorhaben. Manche haben dafür auch ein π²-Commitment abgegeben. Das heisst, dass sie rund 9.869604% ihrer Zeit reservieren, um in andere zu investieren und auch bereit sind, Hilfe von anderen zu empfangen.

Inzwischen sind schon viele gemeinsame Projekte durchgeführt worden (siehe auch der kürzlich entstandene Auftritt als Effinger Services).

Agile Rechtsform gesucht

Die Frage, die sich immer wieder stellt, ist, wie man gemeinsamständige Projekte abwickeln soll. Wir haben es schon mit GmbHs, Vereinen, Genossenschaften und Kollektivgesellschaften versucht. Da die Zusammenstellung der Personen jedoch häufig wechselt, sind die meisten Rechtsformen schlecht geeignet. Das haben wir zum Beispiel gemerkt, als wir verschiedene ganz unterschiedliche Projekte über eine gemeinsame GmbH abgewickelt haben. Der administrative Aufwand ging hoch und es wurde schwierig, den Überblick zu behalten.

Man hat immer das Gefühl, dass die Rechtsform nicht hinterher kommt. Man kann ja nicht alle paar Monate wieder zum Notar gehen, um die Gesellschaftsanteile neu zu ordnen. Neben den hohen Kosten würde das viel zu viel Zeit zur Abstimmung im Team brauchen.

Oft entstehen unsere Projekte auch auf agile Art, so dass zu Beginn noch nicht klar ist, welche Fähigkeiten und Personen man überhaupt brauchen wird. Man tastet sich Schritt für Schritt vorwärts und nimmt Anpassungen vor. Um das geordnet abbilden zu können, braucht es eine schlanke Administration und eine flexible Rechtsform. Doch Agilität verträgt sich (aus verständlichen Gründen) schlecht mit Administration und Recht.

In letzter Zeit habe ich die meisten Projekte über meine Einzelunternehmung Jakob Services abgewickelt. Entweder lief der Auftrag über mich und die anderen Personen haben ihre Rechnung an mich geschickt. Oder wir haben uns mit den Kunden geeinigt, dass sie von verschiedenen Personen separat eine Rechnung erhalten.

Manchmal haben wir für unsere Zusammenarbeit eine einfache Vereinbarung notiert. Wir nennen das manchmal auch den Minimum-Standard, auf den wir zurückgreifen, falls wir den grosszügigen Blick verloren haben und uns nicht mehr einig werden können.

Einfache Gesellschaft als Lösung?

Mit unserer Art der Zusammenarbeit sind wir wahrscheinlich rechtlich automatisch und oft ohne zu wissen in der Rechtsform der einfachen Gesellschaft gelandet. Ein Gespräch in den Ferien mit meinem Onkel hat mich auf die Idee gebracht, dass wir die Form der einfachen Gesellschaft vielleicht noch bewusster nutzen könnten für gemeinsamständige Projekte.

Die einfache Gesellschaft ist so flexibel, dass wir unsere Vereinbarungen mit dem Minimum-Standard als Grundlage verwenden könnten. Ein “gewöhnlicher Vertrag” reicht. Wir könnten die Vereinbarung aber rechtlich noch etwas klarer auf die einfache Gesellschaft ausrichten.

Für längere Projekte (wie z.B. der Bilderroboter Kurtli oder das Raumbuchungstool Benjibooks) könnten wir als einfache Gesellschaft ein Konto eröffnen und eine separate Buchhaltung führen. Die einfache Gesellschaft selbst zahlt keine Steuern. Die Gesellschafter müssen in ihren Steuererklärungen jeweils ihre Anteile an der einfachen Gesellschaft angeben.

Nicht nur Selbständige sondern sogar jemand mit einer GmbH kann sich an einer einfachen Gesellschaft beteiligen. So könnten wir alle möglichen Kombinationen sehr flexibel abbilden.

Offizielle Infos zur einfachen Gesellschaft

Was meint ihr?

Haben wir mit der einfachen Gesellschaft eine sinnvolle und flexible Form für Gemeinsamständigkeit gefunden? Was müsste beachtet werden?

Ich bin froh um eure Hinweise in den Kommentaren.