Die letzte Verschwörung

Gelegentlich begegnet man Menschen mit unkonventionellen Theorien. So etwa die Flacherdler, welche behaupten, dass die Erde gar keine Kugel sei, sondern eine Scheibe. Neben Gesprächen darüber, ist sie mir letzte Woche auch in einem Zeitungsartikel begegnet.

Ohnmacht und Streit

Solche Geschichten sind ja zwischendurch auch amüsant und deshalb ziehen sie erfolgreich durch die Online- und Offline-Medien. Was mich aber stört an Verschwörungstheorien oder Ähnlichem, ist, dass die Diskussionen darüber generell ohnmächtig machen und dabei noch Menschen entzweien. Deshalb stelle ich jeweils folgende Frage:

Gehen wir mal davon aus, deine Theorie stimmt. Was können wir zusammen unternehmen, um eine konkrete Verbesserung für unser Leben und für Leute um uns herum zu bewirken?

Die Theorien leben davon, dass man sich in Diskussionen und Streitereien verwickeln kann. Wenn man aber ins konkrete Leben und ins gemeinsame Tun kommt, dann verliert das Geplapper seinen Reiz.

Karrotten ist es egal

Plötzlich tauscht man sich über andere Themen aus, wie zum Beispiel über den Anbau von Gemüse. Wäre es nicht eine Idee, die Hände mal dreckig zu machen und dabei die Erde anzufassen, bevor man sich in kosmischen Theorien über die Erde verliert?

Beim Anbau von Karrotten scheint es nebensächlich, ob die Erde flach ist oder rund. Und siehe da, wir können uns sogar gegenseitig beim Bepflanzen helfen, obwohl wir dabei eine andere Vorstellung der Gestirne in der Birne haben.

Nebenbei gesagt:

Es spielt keine Rolle, ob wir eine flache oder eine runde Erde verschmutzen. Wir haben nur eine.

Zu viel Wissen

Bevor man sich gegenseitig wegen einer runden oder einer flachen Erde auf dem Scheiterhaufen verbrennt, sollte man sich die Frage stellen, ob es überhaupt die relevante Frage ist. Wo in meinem Leben bin ich darauf angewiesen, dass ich weiss, dass die Erde flach oder rund ist? Aus meinen 36 Lebensjahren kommt mir kein einziges Beispiel in den Sinn.

Gut, hatte ich das mal auf Vorrat gelernt, denn man weiss ja nie… Aber was ich in meiner Bildungskarriere irgendwie kaum gelernt habe, ist, wie ich zu dieser einen Erde Sorge tragen kann. Und wie ich diese Aufgabe mit Mut, Kreativität und Freude und zusammen mit anderen anpacken könnte - das erst recht nicht. Aber genau das wären doch die wirklich relevanten Fragen, über die wir lernen und miteinander diskutieren sollten.

Viel zu tun

Als Menschheit ist es natürlich von Bedeutung, danach zu forschen, wie die Erde geformt ist und was sie im Innersten zusammen hält. Mir scheint aber, dass viele Diskussionen nur zwei Ausgänge kennen: Entweder man ist sich einig, dass es grosse Mächte gibt, die alles kontrollieren (Wirtschaft, Politik oder Verschwörungen) oder man ist sich nicht einig und nutzt seine Energie, um sich gegenseitig zu bekämpfen. Beides lähmt und lässt keine Kraft mehr, um aktiv zu werden.

Ich wähle deshalb lieber einen dritten Ausgang: Wenn die Diskussion in eine lähmende Richtung geht, abbrechen und die Frage stellen, was wir tun können, um hier, jetzt und gemeinsam etwas Gutes anzustossen.

Etliche werden sich weigern und lieber beim Stammtisch bleiben. Diese kann man gut dort sitzen lassen, während man mit den Leuten, die bereit sind anzupacken, raus geht auf den Acker. Später kann man mit Karrotten in der Hand zurückkehren und schauen, ob sich die Themen inzwischen geändert haben oder ob es andere gibt, die sich anöden und jetzt auch mithelfen.

Es müssen nicht Karrotten sein. Kreative Lösungen sind gefragt. Aber lassen wir die Diskussionen um die letzte Verschwörung hinter uns, um im Leben aktiv zu werden und gemeinsam etwas zu unternehmen. Es gibt nämlich viel zu tun.


Quellen: Bild der flachen Erde wird von Flat Earth Society unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike Lizenz zur Verfügung gestellt.