Die Community-Versicherung der Amischen

Kürzlich habe ich mir ein paar Hintergrundgeschichten über Amische von Peter Santenello angeschaut. Ich stellte mir dabei die Frage, was wir von ihrer Art zu leben, lernen können.

Sehr interessant finde ich, wie sie sich gegenseitig helfen. Das tönt ja nett – viele Communities sagen das über sich selbst. Aber wenn es um Geld geht, dann wird das sehr konkret.

Zum Beispiel haben die Amischen keine Versicherungen. Auf die Frage, was sie machen, wenn jemand krank wird oder nicht mehr arbeiten kann, antwortet der amische Bauer:

«Wir helfen uns gegenseitig.»

Wenn jemand Hilfe benötigt, so kommen sie als lokale Community zusammen und bezahlen die Behandlungskosten. Falls die Person, die krank ist, nicht mehr arbeiten kann, so organisieren sie sich untereinander, damit andere die Arbeiten übernehmen können.

Falls die Last für die lokale Community zu gross wird, können sie Hilfe von Communities in der grösseren Umgebung anrufen. Entweder kommen so (meist anonyme) Spenden zusammen, die für die Kosten aufkommen oder sie veranstalten eine Auktion.

Oben im Video sieht man eine Amische Auktion. Diese läuft so, dass die Leute ihre Waren als Spende zur Auktion bringen. Der gesamte Erlös der Auktion wird für die gemeinsamen Ausgaben verwendet.

(In einem anderen Video bei Minute 22:55 erzählen sie, wie eine 55-jährige Frau wegen einer Lungenkrankheit 1,3 Mio. Dollar bezahlen musste und wie das die Community bewältigt hat.)

Erkenntnisse

Für Schweizer scheint es kein Limit zu geben für Versicherungen. Wir wollen für alle Eventualitäten vorbereitet sein. Wir haben Versicherungen für Krankheit, Erwerbsausfall, Todesfall und wenn wir Schäden bei anderen verursachen. Wir versichern uns mit der Altersvorsorge für das Risiko eines langen Lebens. Wir versichern Gebäude, Autos, Betriebe, Rohstoffpreise, Aktienkurse und alles Mögliche bis hin zu Regenwetter bei Hochzeiten.

Das Resultat ist: Versicherungen generieren hohe Kosten. Jede Versicherung verursacht Bürokratie und will meistens auch noch für ihre Eigentümer:innen einen Gewinn herausholen.

Auf unsere Beziehungen haben die Versicherungen auch einen Effekt: Wir brauchen einander nicht mehr. Wir haben die gegenseitige Hilfe ausgelagert an Versicherungs-Profis und lösen das Problem lieber mit Geld. Dies hat offensichtliche Vorteile, hat jedoch auch etwas Trennendes.

Der Umgang der Amischen mit Risiken finde ich deshalb sehr inspirierend. Man könnte ihre Art der Versicherung als Community-Versicherung bezeichnen. Die Sicherheit liegt in der Community und nicht im eigenen Geld oder in einer Institution, bei der man versichert ist.

Ich möchte nicht komplett auf unsere Versicherungen verzichten, aber wir könnten sie massiv reduzieren. Ich finde, wir sollten uns öfter fragen, ob wir bestimmte Risiken nicht besser gemeinsam als Community tragen, anstatt sie für viel Geld auszulagern.


Foto von Randy Fath